.John Maynard Keynes
"Es mag", schrieb John Maynard Keynes 1930, auf dem Höhepunkt der ersten globalen Wirtschaftskrise, "in der Lebenszeit unserer Enkel ein Punkt erreicht werden, an dem die Grundbedürfnisse in dem Sinne befriedigt sind, dass wir es vorziehen, unsere Kräfte künftig auf nicht-ökonomische Zwecke zu verwenden. (...) Die Liebe zum Geldbesitz wird erkannt werden als eine irgendwie Ekel erregende Krankhaftigkeit, eine dieser halb-kriminellen, halb-pathologischen Eigenarten, die man mit einem Schauer an den Spezialisten für Geisteskrankheiten weiterreicht, der dann untersuchen mag, was es mit Menschen auf sich hat, die ihr Interesse an der Welt immer weiter in die Zukunft schieben."
"Und die Enkelgeneration," so schrieb Keynes, "würde ihre wahren Interessen entdecken: Muße, Selbststeigerung, kulturelle Aktivitäten, Naturgenuß, Nächstenliebe. Allerdings" - und nun kam das große Aber - "müssen wir der Heraufkunft dieser menschlichen Kulturgesellschaft zunächst mit Furcht entgegensehen."
Der allseits gebildete Bürger Keynes, der ein Vermögen erspekuliert, sich als Publizist, Theaterintendant, Mäzen, Kunstsammler und Staatsbeamter umgetan hat, des weiteren eine Wochenzeitung gründete und die schönste Primaballerina Londons heiratete, wusste, was Arbeit ist. Und er wusste auch, welche Voraussetzungen die Muße braucht. So sah er für die Zeit des allgemeinen Überflusses eine schwere geistige Krise voraus. Zu lange habe der Industrialismus die Menschen dazu erzogen, "nach etwas zu streben und nicht etwas zu genießen". Menschen ohne ausgebildete Begabungen würden es schwer haben, "weise, angenehm und gut" und in Muße zu leben - umso mehr, als die Geldeliten ihnen nichtsnutzigen Luxus vorlebten und in der "halbkriminellen, halbpathologischen Neigung" zum "Geldbesitz als solchem" gefangen seien, statt Geld und Produktivität als "Mittel für die Genüsse und echten Dinge des Lebens" zu begreifen.
Für eine längere Übergangszeit würden die Menschen so, getrieben vom alten Erwerbsinstinkt und aus Furcht vor der Leere, lieber irgendeine Arbeit tun, als den neuen Reichtum an Zeit zu genießen.
"Wir werden", so schrieb er, "die übrig gebliebene notwendige Arbeit so weit wie möglich auf alle Schultern verteilen. Mit Dreistundenschichten oder einer Fünfzehnstundenwoche" könnte der Übergang in die Mußegesellschaft beginnen. Keynes sah die Verwirklichung seines Traums in drei Generationen kommen. Vielleicht würde es auch ein wenig länger dauern, denn vor dem bürgerlichen Paradies stünde noch die Pflicht der frühindustrialisierten Welt, die armen Länder zu entwickeln. Nach seiner Kalkulation würden die heute etwa Fünfzehnjährigen den Übergang noch erleben und erarbeiten.
Was fangen wir nun 2005 an mit diesem beiseite geschriebenen Text des genialen Ökonomen, der die Weltbank und den IWF gründete und mit ihrem heutigen Wirken nicht sehr einverstanden sein dürfte? Die "objektive Möglichkeit" eines Reichs der befreiten Zeit, die Keynes vor zweieinhalb Generationen sah, so wie später Marcuse und Gorz, ist dünner geworden. Die Übervölkerung der Erde und die ökologische Krise sind hinzugekommen, und mit dem Konsumismus, der den falschen Überfluss zur Norm macht, hat er ebenso wenig gerechnet wie mit den Medien, die vom "echten Leben", wie der Bildungsbürger Keynes es sich vorstellte, in Scheinwelten ablenken.
Quellen:
http://9komma5thesen.de/media/NDR%20Kultur%20Glaubenssachen_170110.pdf
http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2005/07/27/a0149
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